Archäomagnetik in Tell Chuera (Syrien)


Tell Chuera

Das arabische Wort Tell bedeutet Hügel und beschreibt im speziellen Ruinenhügel, die aus übereinander abgelagerten Siedlungsresten bestehen. Tell Chuera befindet sich in einer flachen Steppenlandschaft im Norden von Syrien, nicht weit von der türkischen Grenze entfernt. Der Hügel, mit einem Durchmesser von ca. 950m, gliedert sich in Oberstadt und Unterstadt. Der bis zu 18m hohe, und 600m im Durchmesser ausgedehnte Oberstadtbereich wird gänzlich von der tiefer gelegenen Unterstadt umgeben. Diese Form wird als Kranzhügel bezeichnet. Max Freiherr von Oppenheim entdeckte die Siedlung bei einer seiner Orientreisen um die Wende 19./20. Jahrhundert. Systematische Ausgrabungen wurden 1958 begonnen, seit 1996 sind sie in der Hand von Prof. Dr. Jan-Waalke Meyer (Frankfurt).

Die Stadt wurde in den ersten Jahrhunderten des 3. Jahrtausends v. Chr. gegründet, und ca. 2350 bis 2000 v. Chr. wieder verlassen. Mit einer geschätzten Einwohnerzahl von etwa 15.000 Menschen erreichte sie eine beachtliche Größe. Die Stadt beherbergte Tempelanlagen, Paläste, sowie Wohn- und Arbeitsviertel, eingebettet in ein Straßennetz, und von einer Befestigungsmauer umgeben. Nachfolgende Besiedlungen im 14. Jahrhundert v. Chr. und um 1250 bis 1150 v. Chr. fanden nur noch auf Teilgebieten statt.


Syrien Karte

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Prospektionen bis 2000

1997 führten Posselt & Zickgraf die erste geomagnetische Prospektion mit einem FM36 (Fluxgate-Magnetometer von Geoscan Research) in Tell Chuera durch. Die östliche Unterstadt mit Stadtmauer, und der angrenzende Oberstadtbereich machten den größten Teil der über 5ha umfassenden Messfläche aus. Die Ergebnisse zeigten neben Gebäudestrukturen auch ein Tor in der Stadtmauer, und es ergaben sich deutliche Hinweise auf eine Befestigung der Oberstadt. Im Jahr 2000 wurden die Prospektionen durch Posselt & Zickgraf mit einem FM Ferex 4.032 DLG (4-kanalig) der Firma Foerster fortgesetzt. Diesmal wurden über 11 ha der nördlichen und mittleren Oberstadt vermessen. Es zeigte sich eine klare Besiedlungsstruktur mit Wohnhäusern, großen Gebäuden, Straßen und freien Flächen. Die Anordnung führte zur Vermutung, daß es sich um eine geplante Stadt gehandelt haben könnte.

Prospektion 2001

Die Messungen fanden in der Grabungskampagne 2001 zwischen dem 16.08. und 06.10. statt . Zum Einsatz kam wieder ein Foerster Ferex 4.032 DLG, diesmal in der 3-kanaligen Ausführung. In den ersten 8 Wochen zeigte sich Marco Hartlaub für die Messungen verantwortlich, die dann durch Tariq Nazir beendet wurden. In dieser Zeit konnten über 40 weitere Hektar in Tell Chuera prospektiert werden, so daß nun für das gesamte erreichbare Stadtgebiet, plus einiger Außenbezirke, geomagnetische Daten vorliegen.


Der Tell              Messung
Blick auf die süd-östliche Oberstadt mit Steinbau III und Grabungsflächen von 2001. Messung mit dem Foerster Ferex 4.032 DLG in der nördlichen Unterstadt.

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Das Ergebnis bestätigt den Verdacht einer geplanten Stadtstruktur. In der Oberstadt läßt sich größtenteils eine ringförmige Straße um das Zentrum verfolgen. Dazu erkennt man radial vom Zentrum verlaufende Wege, die sich oft bis in die Unterstadt zur Siedlungsgrenze verfolgen lassen. Dabei durchbrechen sie die Oberstadtbefestigung, die sich nun fast vollständig (bis auf einen Bereich im Südosten) abzeichnet. Auch der Verlauf der Stadtmauer läßt sich in weiten Teilen gut erkennen. Besonders deutlich ist sie im Nordwesten zu sehen. Besonderes Interesse galt auch dem gesamten Unterstadtbereich, da dort noch keine Grabungen durchgeführt wurden. Hier konnte durch die neue Prospektion ebenfalls eine dichte Besiedlung nachgewiesen werden. Nur die westliche Unterstadt zeigt keine so klaren Strukturen. Dieser Bereich scheint durch natürliche und/oder anthropogene Vorgänge (Gräben, Aufschüttungen) überprägt worden zu sein.

Schwierigkeiten bei den Messungen bereiteten vor allem die zum Teil sehr steilen Anstiege zur Ober- und Unterstadt. Eine gleichmäßige Laufgeschwindigkeit und eine optimale Haltung des Meßgerätes wurden dadurch sehr schwierig gemacht. Störquellen für die magnetischen Messungen waren vor allem Bahnschienen, die früher zum Abtransport des Abraums genutzt wurden, und für die auch teilweise Dämme aufgeschüttet worden sind. Weitere Störer waren Wasserleitungen, Strommasten, landwirtschaftliche Geräte und Müllhalden.

Die Messdaten der Prospektion 2001 wurden mit dem Programmpaket MAGPRO von Marco Hartlaub bearbeitet. Darin enthalten ist ein Median- und ein Glättungsfilter. Anschließend wurden die Daten mit den früheren Prospektionsergebnissen zusammengeführt, und in das lokale Messsystem der Archäologen eingebettet.


Magnetogramm

Magnetogramm

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